

Kündigung durch WEG-Verwalterin: BAG bestätigt Vertretungsmacht
Das BAG bestätigte, dass die Kündigung wirksam war. Im folgenden Beitrag erklären wir die tragenden Gründe der Entscheidung – insbesondere die Rolle von § 9b Abs. 1 WEG zur Vertretungsmacht des Verwalters – und warum der klagende Hausmeister mit seiner Revision scheiterte. Zudem erläutern wir, wann ein Verwalter kündigen darf, wer als „Dritter“ im Sinne des Gesetzes gilt und welche praktischen Folgen sich daraus ergeben.
Hintergrund: Verwalter, WEG und Vertretungsmacht
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist die Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Diese Gemeinschaft kann Verträge abschließen und handeln. Der WEG-Verwalter übernimmt die Geschäftsführung und vertritt die Gemeinschaft nach außen. Nach § 9b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WEG besitzt der Verwalter grundsätzlich eine unbeschränkte Vertretungsmacht gegenüber jedermann. Dies gilt sowohl für Verträge als auch für einseitige Rechtsgeschäfte wie Kündigungen. Ein Eigentümerbeschluss ist hierfür nicht notwendig – mit Ausnahme von Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen.
Der Fall: Hausmeister ist Miteigentümer und wird gekündigt
Im vorliegenden Fall war der Kläger ein Wohnungseigentümer, der zugleich als Hausmeister bei seiner eigenen WEG angestellt war. Die WEG beschäftigte maximal zehn Arbeitnehmer, sodass das Kündigungsschutzgesetz nicht griff. Ende 2022 erfolgte eine erste Kündigung, die jedoch durch Vergleich beigelegt wurde, um dem Kläger eine zweite Chance zu bieten.
Wenige Monate später erfolgte eine erneute Kündigung zum 28. Mai 2023. Der Kläger akzeptierte diese nicht und argumentierte, die Verwalterin habe keine Originalvollmacht vorgelegt und es fehle ein Eigentümerbeschluss zur Kündigung. Zudem hielt er die Kündigung für treuwidrig (§ 242 BGB) und sah sein Grundrecht nach Art. 30 EU-Grundrechtecharta verletzt.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gaben der WEG Recht, mit Ausnahme der Kündigungsfrist, die auf den 31. Mai 2023 korrigiert wurde. Der Kläger legte Revision zum Bundesarbeitsgericht ein, um die Nichtauflösung des Arbeitsverhältnisses feststellen zu lassen.
Die Entscheidung des BAG: Warum die Kündigung wirksam war
Das BAG bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen: Die Kündigung war rechtmäßig und wirksam. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.
Gesetzliche Vertretungsmacht nach § 9b WEG – auch für Kündigungen
Die Verwalterin handelte kraft gesetzlicher Vertretungsmacht gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WEG, die ausdrücklich auch die Kündigung von Arbeitsverträgen umfasst. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht wäre nur im Innenverhältnis und nur gegenüber sogenannten „Nichtdritten“ möglich gewesen, was hier nicht der Fall war. Es lag auch kein Verstoß gegen § 174 BGB (fehlende Vollmachtsvorlage) vor, da die Verwalterin gesetzlich legitimiert handelte.
Eigentümer als „Dritte“ – Wann gilt ein WEG-Mitglied als außenstehend?
Ein wichtiger Aspekt der Entscheidung ist, dass ein Wohnungseigentümer in bestimmten Konstellationen als „Dritter“ anzusehen ist, insbesondere wenn er in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Gemeinschaft steht. Hier trat der Kläger als Arbeitnehmer wie ein externer Dritter auf, sodass interne Beschränkungen der Vertretungsmacht ihm gegenüber nicht wirksam waren.
Weitere Argumente: Treuwidrigkeit und Grundrechte
Die Einwände des Klägers zur Treuwidrigkeit und zu einer Verletzung der EU-Grundrechtecharta überzeugten das Gericht nicht. Die WEG hatte dem Kläger bereits eine zweite Chance eingeräumt, die dieser nicht nutzte. Auch ein Verstoß gegen Grundrechte lag nicht vor, da die Kündigung rechtlich zulässig war.
Praktische Folgen für WEGs und Verwalter
Das Urteil hat folgende praktische Auswirkungen:
- Verwalter können Arbeitsverhältnisse der WEG eigenständig kündigen, ohne vorherigen Eigentümerbeschluss.
- Interne Beschränkungen der Vertretungsmacht wirken nur intern, nicht gegenüber externen Dritten oder Arbeitnehmern.
- Wohnungseigentümer, die gleichzeitig Arbeitnehmer der WEG sind, werden in dieser Rolle wie externe Dritte behandelt.
- Eine Kündigung durch den Verwalter im Namen der WEG ist formell rechtmäßig und wirksam, wenn ordnungsgemäß zugestellt.
Dieses BAG-Urteil stärkt die Handlungsmöglichkeiten von WEG-Verwaltern in personalrechtlichen Angelegenheiten erheblich. Für Wohnungseigentümer und Arbeitnehmer schafft es Rechtssicherheit: Verwalter dürfen eigenständig kündigen, und Arbeitnehmer können auf klare Zuständigkeiten vertrauen. Für die Praxis bedeutet das eine deutliche Erleichterung bei Vertrags- und Kündigungsprozessen innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften.
BAG Urteil vom 6. März 2025, Az. 2 AZR 115/24
