Fristlose Kündigung nach Übergriff auf Betriebsfeier
Der Fall: Übergriff auf Betriebsfeier
Im Zentrum des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Siegburg (Az. 3 Ca 387/24) stand ein Mitarbeiter aus dem Außendienst, der auf einer Betriebsfeier einer Kollegin gegenüber übergriffig wurde. Der Mann schlug der vorbeigehenden Frau zunächst kurz auf das Gesäß. Diese wies den Übergriff ab, doch der Mitarbeiter hielt sie daraufhin fest und zog sie an sich heran. Zu diesem Zeitpunkt äußerte er, die Frau solle den Klaps als "Kompliment" auffassen. Das Verhalten wurde von der Betroffenen klar als grenzüberschreitend empfunden.
Die Reaktion des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber entschloss sich, den Mitarbeiter fristlos zu kündigen. Diese Entscheidung kam nicht aus dem Nichts: Der betreffende Mitarbeiter war bereits zuvor wegen ungebührlichen Verhaltens und Alkoholkonsums abgemahnt worden. Dennoch klagte er gegen die fristlose Kündigung und reichte eine Kündigungsschutzklage ein. Dabei bestritt er, dass sein Verhalten auf der Betriebsfeier eine sexuelle Belästigung darstellte.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Arbeitsgericht Siegburg befasste sich eingehend mit dem Vorfall und nahm unter anderem die Kollegin als Zeugin in die Verhandlung auf. Auf Grundlage ihrer Aussagen stellte das Gericht fest, dass der Mitarbeiter durch sein Verhalten die Grenzen des zulässigen Umgangs in gravierender Weise überschritten habe. Besonders schwer wog für das Gericht, dass der Mann die Frau gegen ihren Willen festhielt, was als erheblicher Eingriff in ihre persönliche Freiheit bewertet wurde.
Die Äußerung, der Klaps auf das Gesäß sei als Kompliment gemeint gewesen, zeigte nach Auffassung des Gerichts deutlich die sexuell motivierte Absicht des Mannes. Ein solches Verhalten, so das Gericht, stelle eine sexuelle Belästigung dar und sei nicht tolerierbar. Folglich bestätigte das Gericht die fristlose Kündigung als rechtmäßig und wies die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters ab.
Arbeitsrechtliche Einordnung: Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung
Dieser Fall ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in jeglicher Form einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Dies gilt nicht nur während der regulären Arbeitszeit, sondern auch bei Betriebsfeiern und anderen Veranstaltungen, die vom Arbeitgeber organisiert werden.
Nach § 626 BGB ist eine fristlose Kündigung zulässig, wenn dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Parteien eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Sexuelle Belästigung, insbesondere in der Form körperlicher Übergriffe, erfüllt in der Regel diese Voraussetzung, da sie das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nachhaltig stören kann.
Eine vorherige Abmahnung ist nicht in jedem Fall erforderlich. Insbesondere bei schwerwiegenden Verstößen – wie dem ungewollten Festhalten und der sexuellen Belästigung in diesem Fall – kann der Arbeitgeber direkt zur fristlosen Kündigung greifen.
Prävention und Sensibilisierung im Unternehmen
Für Arbeitgeber ist dieser Fall ein Anlass, die Sensibilisierung für das Thema sexuelle Belästigung im Betrieb zu verstärken. Es empfiehlt sich, klare Richtlinien zu formulieren und die Belegschaft regelmäßig über die Konsequenzen eines solchen Fehlverhaltens zu informieren. Dabei sollten Betriebsfeiern nicht als rechtsfreier Raum wahrgenommen werden – die Regeln des Arbeitsrechts gelten auch in weniger formellen Settings.
Fazit
Das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg zeigt, dass respektloses und übergriffiges Verhalten auf Betriebsfeiern nicht toleriert wird und schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Arbeitgeber haben in solchen Fällen das Recht, fristlos zu kündigen, insbesondere wenn das Verhalten des Mitarbeiters gegen das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung verstößt. Der Fall verdeutlicht einmal mehr die Bedeutung eines respektvollen Umgangs und eines konsequenten Einschreitens bei Grenzverletzungen.
Dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob der Mitarbeiter Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln einlegt und wie das Gericht in der nächsten Instanz entscheiden wird. Unabhängig davon stellt dieser Fall eine wichtige Orientierung für die arbeitsrechtliche Praxis dar.
Hinweis: Sollten Sie als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ähnliche Fälle erleben oder eine rechtliche Einschätzung benötigen, stehe ich Ihnen als Anwalt für Arbeitsrecht in Hannover gerne beratend zur Seite.